Vor 10 Monaten die Sintflut im Ahrtal, gestern insgesamt mindestens drei Tornados in Paderborn, Lippstadt und Höxter. NRW fliegt die Klimakrise wortwörtlich um die Ohren. Der Schaden vom Rekordhochwasser im Juli 2021 im Ahrtal wurde auf rund 15 Milliarden Euro geschätzt, für eine Größenordnung der jüngsten Sturmschäden fehlt aktuell noch der Überblick.

Tornado in Parderborn, 20. Mai 2022

Deutschlands Lage auf dem europäischen Kontinent ist klimatisch brisant, im Übergang vom westeuropäischen Maritimklima zum osteuropäischen Kontinentalklima [Quelle]. Im Süden die Alpen mit Föhn, der Teilweise bis ins Mittelgebirge reicht , im Norden die kalte Nord- und Ostsee, über die arktische Winde ins Landesinnere gelangen.

Temperaturveränderung sorgt dafür, dass Luft sich ausdehnt, es entsteht Wind. Warme Luft steigt auf, kalte sinkt ab. Trifft extrem kalte Luft aus der Arktis in den oberen Atmosphärenschichten auf extrem warme Luft, die von der abstrahlenden Bodenwärme aufgeheizt wurde, aufeinander, entstehen starke Druckunterschiede und Verwirbelungen. Es kommt zum Sturm, zum Orkan, zum Tornado. [Quelle] Während der Süden Deutschlands in alle Richtungen genug Landmasse hat, um extreme Temperaturzusammenstöße zu vermeiden, bietet Norddeutschland mit seiner Küste das perfekte Szenario für extreme Sturmentwicklungen. Die europäische „Tornado Alley“ erstreckt sich entlang der Nordküste des europäischen Festlands von Frankreich bis nach Polen und reicht dabei – abhängig von den Quellen und Daten, die man einbezieht – 300-400 Kilometer ins Landesinnere, bis knapp über Frankfurth am Main.

Das Fatale: je größer der Kontrast zwischen warmer und kalter Luft, desto häufiger und vor allem extremer treten diese Szenarien auf. Mit dem Zusammenstoß der Luftfronten ist jedoch nicht nur eine Starke Windentwicklung verbunden, die warme Luft kühlt durch den vom Sturm beschleunigten Aufstieg in höhere Lagen auch rasant ab. Warme Luft allerdings hat einen höheren Taupunkt, als kalte Luft, kann also mehr Luftfeuchtigkeit aufnehmen, bevor das Wasser als Tröpfchen ausfällt. Durch die rasante Abkühlung beim Aufstieg wird das gebundene Wasser, das die warme, bodennahe Luft auf seinem Weg nach Norden aufgenommen hat, schlagartig ausgestoßen – es kommt zu extermen Niederschlägen, die Potentiel neben dem Tornado Hochwasser und Überflutungen verursachen können.

Die Folgen solcher Extremzusammenstöße wurden uns nun wieder eindrucksvoll demonstriert. Als angemessene Reaktion bleibt eigentlich nur, alles Mögliche in Bewegung zu bringen, um einen weiteren Anstieg der Erwärmung zu verhindern. Jedes Jahr, das nicht in diese Bemühungen investiert wird, ist ein Jahr, das die schon jetzt astronomischen Sturm und Unwetterschäden um ein vielfaches in die Höhe treibt.

Und lassen wir mal wirklich alles andere, wie beispielsweise Artenschutz, bei seite: Klimaschutz muss man – muss die Gesellschaft – sich leisten wollen. Klimakrise kann sich niemand leisten.