Der Mensch: ein Wunder der Natur, das sich von selbiger losgesagt und eine eigene, angepasste Natur geschaffen hat: Die Kultur. Der Mensch und seine Kultur, mit deren Hilfe er sich seinen Ursprung Untertan macht, ist das energiehungrigste, was diesem Planeten in seinen 4,5 Milliarden Jahren der Existenz zugestoßen ist. Beginnend mit der industriellen Revolution verschlingt er inzwischen in einem Jahr, was über viele Millionen Jahre als fossile Rohstoffe angereichert wurde. Die Gier treibt ihn sogar bis zur Teilung dessen, was von den alten Griechen vor wenigen tausend Jahren noch als Unteilbar beschrieben worden war. Nur Jahrzehnte nachdem die ersten Wissenschaftler auf das Phänomen der Kernspaltung gestoßen sind und die ersten Thesen zur Atomphysik formuliert wurden, macht sich der Mensch auch diesen Bereich seiner Welt zum Diener – mit seiner unvorstellbaren und unkontrollierbaren Energie ebenso wie mit allen nur erdenklichen Katastrophen.

Doch wie alles, was den Menschen antreibt, setzt auch der Hunger nach Energie Meilensteine in der Architektur, in der Technologie, in der Aerodynamik. In diesem – ich möchte fast sagen Wahn, hat der Mensch sein Wissen über die Verschiedenen Baumaterialien zusammengeführt, kombiniert und perfektioniert. Und so vollbringt er es, auf einem über hundert Meter hohen, wenige Meter starken Turm in einer aerodynamisch optimierten, drehbar gelagerten Gondel hochmoderne Technologie mit über 500 Tonnen Gewicht zu verbauen. Regungslos strecken sich diese Riesen in den Himmel, um mit gleichmäßigem, scheinbar endlosem Drehen unseren Energiebedarf zu decken.

Windkraftanlagen sind umstritten, doch symbolisieren sie in ihrer stoischen Ruhe gegenüber Wind und Wetter einen entscheidenden Entwicklungsschritt in unserer Geschichte. Denn mit ihnen verzichtet der Mensch das erste Mal darauf, durch die Natur über Jahrmillionen hinweg eingelagerte Energie für seine Bedürfnisse zu verwenden. Er macht sich das Wissen zu nutze, das er sich über Jahrtausende angeeignet hat, und schafft etwas, um den Wind, eine lang gefürchtete und zerstörerische Urgewalt der Natur, zu unterwerfen.

Als ich diesen Sommer auf der Insel Fehmarn die Windparks beobachtete und unter ihren gigantischen Rotoren Fahrrad gefahren bin, fühlte ich mich plötzlich klein und unweigerlich eingeschüchtert ob dieser puren Größe, dieser aberwitzigen Genialität, dieser unwahrscheinlichen Fragilität. Als erste Spezies der Erde versteht es der Mensch, die Naturgewalten zu bändigen und für sich arbeiten zu lassen. Erneuerbar, nachhaltig, weise. Natürlich, Windräder sind ursprünglich gewachsen aus Ressourcengier und sie helfen dabei, die unstillbare Nachfrage nach Energie zu bewältigen. Gleichzeitig aber sind sie Zeugen unseres Wissens, unserer Fähigkeiten und unseres Verstandes. Monumente der Menschlichen Geschichte.