Das Krankheitsbild von Long Covid ist unglaublich komplex und umfangreich. Da es bisher kaum Informationen zur „Best Practice“ gibt, habe ich zusammengetragen, mit welchen Hilfsmitteln ich im Laufe der letzten 1,5 Jahre versuchte, mir das Leben einfacher und erträglicher zu gestalten.

Es folgt eine natürlich nicht erschöpfliche Liste:

  1. Smartwatch / Pulsuhr: Zu meinen störendsten und beunruhigsten Symptomen gehört ein extrem unruhiger und anfälliger Puls. Um dieses ziemlich subjektive und für Ärzte erstmal nicht nachvollziehbare Symptom messbar zu machen, kaufte ich mir eine günstige Smartwatch mit Pulsmesser und Aufzeichnungsfunktion. Es half mir, durch die aufgezeichneten Daten Gehör bei den Ärzte zu finden und machte mich zu einem glaubhaften Patienten.
  2. Klappbarer Duschhocker: Da ich wegen meiner Erschöpfungssymptomatik nur wenige Schritte laufen und nur Sekunden an der Stelle stehen konnte, war Duschen für mich ein enormer Kraftakt. Die Lösung war ein klappbarer Duschhocker, der mittels einer Blumenkastenbefestigung an einer Wand der Dusche hängt. Wenn ich Dusche, nehme ich den Hocker ab und stelle ihn auf, danach ist er schnell wieder verräumt. Die Erleichterung und Entlastung für mich ist nicht in Worte zu fassen.
  3. Gehstock & Stockhalter: Wegen der bereits erwähnten Erschöpfung sind meine Beine sehr instabil und unzuverlässig, neurologische Probleme bezüglich Gleichgewicht und Balance machten es mir zudem sehr schwer, ohne Stolpern oder Sturtz zu laufen. Anfangs noch mit Krücke, stieg ich bald auf einen ansehnlichen Gehstock um. Um bei Bedarf beide Hände frei zu haben, befestigte ich einen Gehstockhalter am Schaft, sodass ich den Stock leicht an einer Stuhllehne oder der Hosentasche einhaken und verräumen kann.
  4. Fleecejacken: Kälteempflichkeit und Nervenschmerzen sind wirklich lästig und unglaublich zermürbend. Dank zweier Fleecejacken, die im Vertrieb als „Midlayer“ – also Zwischenlage – bezeichnet werden, die ich abwechselnd trage, bin ich vor Zugluft und Kälte geschützt. Tagezeit bei mir von September bis Anfang Mai.
  5. Skiunterwäsche: Ebenfalls gegen die Kälte, legte ich mir 4 Sets Skiunterwäsche zu. Natürlich nicht die Produkte, mit denen man eine Polarexpedition machen würde. Aber sie gibt meinen Beinen eine zusätzliche warme schickt und schützt mich vor Kälte und Luftzügen, die ansonsten sehr Schmerzhaft werden.
  6. Warme, lange Socken: Ein Gelegenheitskauf im Baumarkt kurz vor der Infektion, da ich mit meiner Schuhgröße 47 immer in latenter Sockennot bin. Hätte ich gewusst, dass ich bald 8 Monate am Stück diese Socken als Übersocken tragen würde, ich hätte statt der vier paar gleich acht gekauft (inzwischen leider nicht mehr verfügbar). Die Beinenden der langen Skiunterhosen kommen in die Socken, so bleibt es schön warm und zuggeschützt.
  7. Klappstuhl für Unterwegs: Anfangs konnte ich nur wenige Meter Laufen. Doch selbst, wenn man hundert oder zweihundert Meter schafft, hat man ein Problem, wenn es keine Sitzgelegenheit gibt. Ein kleiner Dreibeinklappstuhl ermöglicht mir unterwegs die nötige Sitzpause, ohne dabei viel zu wiegen oder zu stören. Verpackt kann man das handliche Paket über den Rücken hängen oder an einem Rucksack befestigen.
  8. kompakte Tasche für Medikamente: Schmerzmittel, Medikamente wegen der Balance-Probleme, Schmerzmittel, Allergietabletten, Asthmaspray und Asthmanotfallkit. Das alles in Hosentaschen unterzubringen ist schwierig und macht spätestens beim Hosenwechsel viel Aufwand. Ich legte mir eine kleine, schwarze Tasche zu, in die alles nötige reinpasst. Dabei achtete ich darauf, dass die Tasche mit dem sogenannten MOLLE-System, einem modularen Befestigungsprinzip aus dem Militärbereich, kompatibel ist. Dadurch kann ich die Tasche umhängen, mit zwei Schnallen am Gürtel oder Hosenbund einhaken, oder auch an einem Rucksack befestigen. Die Tasche besteht aus zwei Reisverschlussfächern. Im Einen Fach habe ich meine Asthmamedikation mit Spray, Notfallkit, Asthmaausweis etc, im anderen Fach befinden sich die sonstigen Medikamente. So kann ich auch im Notfall schnell das Asthmaspray erreichen, zudem habe ich am Reisverschluss des Asthmafaches einen kleinen Anhänger befestigt, der Hinweis auf das Notfallkit gibt.
  9. Kompressionshandschuhe: da denkt man ersteinmal an Rheuma, so abwegig ist das auch nicht. Drei Paar Kompressionshandschuhe halten meine Hände warm und ruhig. Ein Paar für zuhause, ein paar für Außen, ein paar ist in der Wäsche.
  10. Wärmedecke (70×40): Ein Segen für alles, was Schmerzt. Gerade nachts oder wenn es kalt ist hilft mir die Wärmedecke sehr, solange das Schmerzmittel nicht wirkt oder der Schmerz nicht so stark ist, dass ich Medikamente deswegen einnehmen möchte. Arme, Beine, Schultern, Hände, Füße, es ist eine wahre Erleichterung.
  11. Fensterthermometer: Die Wahrscheinlich auf den ersten Blick trivialste und umstrittenste Anschaffung gleichzeitig. An einem Thermometer ist nichts besonderes. Zudem gibt es Stimmen, die der Meinung sind, wenn man sich Wetter- bzw Kältefühligkeit einbildet, ist es nicht gut, direkt neben dem Bett am Schlafzimmerfenster ein Thermometer anzubringen. Denn dann sieht man gleich „oh, es ist kalt, heute geht es mir schlecht“. So jedenfalls die Meinung und Warnung vieler Neurologen – die mich inzwischen nach vielen Gesprächen und noch mehr Berichten von anderen Betroffenen wirklich peripher tangiert (Bildungssprachlich: „geht mir am Arsch vorbei“). Denn mir hilft das Thermometer morgens, mich adäquat anzuziehen und auf den Tag einzustellen, ohne erst fühlen zu müssen, ob ich richtig geraten habe. Und das ist glaube ich tatsächlich die beste Idee gewesen, die ich hatte. Denn für Experimente, ob ich richtig angezogen bin, oder ob es mir zu kalt ist, habe ich zu wenig Kraft.