Der internationale Klimastreik am 20. September 2019 markiert bislang den Höhepunkt im Kampf für den Klimaschutz. Mit allein 1,4 Millionen Teilnehmern in Deutschland und internationaler Beteiligung in Europa, Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien war der Streik der parteiübergreifenden, ursprünglichen Schülerbewegung FridaysForFuture die größte Protestaktion in der menschlichen Geschichte und ein deutliches, unmissverständliches Zeichen an die weltweiten Machthaber, etwas am Führungsstil zu ändern.
Das Klimapaket – eine Farce
Geradezu erbärmlich mutet daher das Klimapaket an, das die Bundesregierung nach vielen, langen Sitzungen und Nachtschichten am Nachmittag des Protesttermins stolz in einer Pressekonferenz präsentierte. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel noch bei Gründung des Klimakabinetts großspurig und medienwirksam versprochen hatte, die schriftlich festgehaltenen Forderungen von FridaysForFuture in das Klimapaket zu integrieren, hat es nun de facto kein einziger der geforderten Punkte in die Novelle geschafft und die Inhalte, die das Klimapaket schlussendlich behandelt, sind entweder eine Ermutigung zum privaten Treibstoffverbrauch oder so dermaßen trivial, dass man sie allenfalls als Fußnote festhalten könnte. Das enthält das Klimapaket. Einzig und allein das Vorhaben, die Mehrwertsteuer auf Bahntickets von 19% auf 7% zu reduzieren und das Versprechen der DB, diese Senkung an die Kunden weiterzugeben, ist in meinen Augen ein kleiner, positiver Aspekt, der jedoch nicht weit genug reicht, um nennenswerte Verhaltensänderungen zu erwirken.
In der Tat stellt sich das Machwerk des Klimakabinetts als dermaßen unausgegoren dar, dass sich neben diversen Parteien, NGOs und Gewerkschaften sogar der Deutsche Wirtschaftsbund davon distanzierte und es als nicht ausreichend bezeichnete. Die DUH und der WWF starten prompt nach der Pressekonferenz zum Klimapaket unabhängig von einander Appelle, um die Bundesregierung zu stärkeren Maßnahmen aufzufordern und das Bündnis 90/Die Grünen kündigten bereits an, das Gesetz im Bundesrat blockieren zu wollen. Die Reaktionen der jungen Bevölkerung gleicht auf Twitter einem zynisch-sarkastischen Shitstorm sondergleichen. Neben dem Hashtag #nichmeinklimapaket trendete auch direkt wieder #niemehrcdu und #niemehrspd.
Inhaltlich ist das Klimapaket ein Flickwerk aus Starrköpfigkeit, parteipolitischer Egozentrik und dem unangenehmen Druck der Bevölkerung, jetzt mit viel Widerwillen und Unlust irgendetwas mit dem Titel „Klima“ auf die Welt pressen zu müssen. Dabei werden Kompromisse immer an genau den Stellen getroffen, wo sie am wenigstens verkraftet, geschweige denn ehrlich angewendet werden können.
Der Ursprung allen Übels
Das Klimapaket ist meines Erachtens nach das musterhafte Paradebeispiel unserer gesellschaftspolitischen Probleme. Bei der Verhandlung und Erarbeitung dieses Papiers ging es offensichtlich nicht darum, sich mit dem Klima, dessen Schutz und der Sicherung einer Zukunft auf diesem Planeten für nachfolgende Generationen auseinander zu setzen. Es war auf Teufel komm raus ein Machtkampf um die die Durchsetzung der eigenen politischen Ideologien, ohne Weit- geschweige denn Rücksicht auf irgendetwas jenseits der eigenen engstirnigen Interessen. Das Klimapaket ist das Ergebnis einer durch Wohlstand, Lobbyismus und Selbstgefälligkeit degenerierten Generation aus Berufspolitikern, die das Wesentliche Ihrer Aufgaben und Pflichten vergessen haben, nie begriffen haben, oder es einfach nicht besser können. Diese Einschätzung überlasse ich jedem selbst. „Sie waren stets bemüht und erfüllten ihre Pflichten und Aufgaben zur Erarbeitung des Klimapakets im Rahmen ihrer Möglichkeiten.“ – so würde wohl ein Kommentar diesbezüglich in einem qualifizierten Arbeitszeugnis für die Bundesregierung und ihr Klimakasperletheater aussehen – ungenügend, eine 5- als Schulnote.
Die Leute sind wütend, die Jugend frustriert, die Bevölkerung fühlt sich verraten – zurecht. Als Reaktion kursiert inzwischen auch der Hashtag #neuwahlen in den deutschen Twittertrends. Bei 1,4 Millionen Demonstranten ein solch spärliches Ergebnis als großartige, wegweisende Arbeit zu präsentieren, ist an selbstgefälliger Dreistigkeit und Unverschämtheit kaum zu übertreffen und zeugt von starkem Realitätsverlust. Im freien Arbeitsmarkt wären alle Beteiligten wohl längst wegen Arbeitsverweigerung entlassen worden.
„Panem et Circenses“ – Brot und Spiele. So lautete das Erfolgsrezept der römischen Kaiser, um die Bevölkerung ruhig zu halten. Doch die junge Generation ist für dieses Prinzip nicht mehr so unbedingt empfänglich wie noch ihre Eltern. Angesichts der immer extremeren Wetterlagen, ausfallenden Ernten, anhaltenden Dürren und wachsenden Wirtschaftsschäden ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Brot und Unterhaltung umweltbedingt ausbleiben und der Politik das Resultat ihrer auf Stolz und Ideologie begründeten, nicht getanen Arbeit um die Ohren fliegt.